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Transit Poetry: "Manchmal liegt die Antwort in der Einfachheit"

Als Kopf von Eden weint im Grab ist er sicherlich vielen unserer Leser bekannt, aber Sascha Blach hat noch mehr in petto. So unter anderem das spannende Musikprojekt Transit Poetry, welches vor einigen Monaten seine vierte Langspielplatte namens Pedestrians In The Sky veröffentlicht hat. Längst wollte ich den Umtriebigen Künstler hierzu mal genauer befragt haben, aber Zeit und Verpflichtungen sind oft Hindernisse, an denen man erstmal vorbei kommen muss. Nun hat sich die Gelegenheit zum Interview ergeben, und wie ich voraus ahnte, hatte Sascha auch bei dieser Gelegenheit wieder viel spannendes zu erzählen. Was genau, das lest ihr im Folgenden.

Otti:
Hallo Sascha, erstmal danke dafür, dass Du dir Zeit für dieses Interview nimmst. Ich werde unseren Lesern gerne Transit Poetry etwas näherbringen, da ich davon ausgehe, dass der eine oder andere noch nichts von dieser Band gehört hat. Wie würdest Du das Projekt denn selbst in wenigen Sätzen beschreiben?

Sascha:
Zentral war, dass wir unsere ersten vier Alben jeweils einem der vier Elemente gewidmet haben, um damit eine höhere Einheit zu kreieren, in die der Geist als fünftes Element quasi eindringt. Für mich ist Transit Poetry eine Möglichkeit, meine spirituelle Suche in Worte und Musik zu fassen. Daher sind Themen wie Spiritualität, geistige Entwicklung, Leben im Einklang mit der Natur, Veganismus, die Frage nach dem höheren Sinn in allen Dingen und natürlich auch die Frage nach dem Leben nach dem körperlichen Ableben bei TP zentral. Das Ganze verpacke ich in eingängige Songs irgendwo zwischen Gothic, Electronica, Alternative und Pop.

Otti:
Anfang des Jahres habt ihr mit Pedestrians In The Sky euer viertes Album veröffentlicht. Seitdem ist ja doch schon etwas Zeit verstrichen... Wie zufrieden bist Du denn mit den Reaktionen der Presse, den Verkaufszahlen und dem Feedback des Publikums?

Sascha:
Mit den Reaktionen der Presse bin ich sehr zufrieden. Wir haben ausnahmslos gut Reviews bekommen, teils sogar sehr euphorische Reaktionen. Selbst ein Extrem-Metal-Magazin wie das Legacy hat die CD mit 14 von 15 Punkten bewertet. Leider wurde die ganze Veröffentlichung von Problemen auf der Label- und Vertriebsseite überschattet, was darauf hinaus lief, dass ich die komplette Promotion am Ende selbst gemacht habe, keine Budgets hatte und ohne Budgets die gängigen Magazine über eine Band natürlich auch nur am Rand berichten. Dadurch waren auch die Hörerreaktionen sehr verhalten. Uns mangelt es seit jeher an ordentlicher Promotion und es war auch dieses Mal wieder so, da meine Möglichkeiten als Einzelkämpfer sehr beschränkt sind. So blieb der erhoffte große Schritt leider aus und ich fürchte, die meisten Menschen haben den Namen Transit Poetry immer noch nicht gehört. Wie man aus diesen Worten sicher herauslesen kann, schwingt da schon etwas Frust mit, was die geschäftliche Seite angeht. Man beißt einfach so oft auf Granit und läuft gegen Wände. Wenn man Monate lang viel Zeit, Energie und Herzblut in ein Album investiert und zu 100 Prozent davon überzeugt ist, will man natürlich auch, dass es gehört wird. Aber ich versuche, mich in derlei Gedanken nicht zu verlieren und einfach unbeeindruckt weiter zu machen.


"Selbst wenn ich wollte, ich fürchte, ich könnte kein Album schreiben, auf dem jeder Song stilistisch genau gleich klingt."

Otti:
Mit diesem Album schließt ihr gleichzeitig auch die Tetralogie um die vier Elemente ab, die ihr euch gleich zu Bandgründung vorgenommen hattet. Ich finde es tatsächlich äußerst mutig eine komplett neue Band gleich mit so einem Vorhaben zu starten, hattet ihr denn nie Zweifel, dass ihr an euren eigenen Ansprüchen scheitern könntet?

Sascha:
Nein. Die Option des Scheiterns habe ich nie in Betracht gezogen und ich bin davon überzeugt, dass man sich seine Realität selbst kreiert. Zweifel sind meist kontraproduktiv. Glücklicherweise kann ich mich auf meinen hohen kreativen Output verlassen. Ich glaube, am Anfang war mir die Tragweite dieses Projekts gar nicht so wirklich bewusst - ich habe einfach gemacht. Und so ist dann Album für Album gestanden und nun sind wir schon am Ende der Tetralogie.

Otti:
Und natürlich drängt sich da nun auch die Frage auf, war es das nun mit Transit Poetry, oder wird die Geschichte mit einer neuen Idee weitergehen?

Sascha:
Ich habe Material für eine neue EP fertig, die in Kürze veröffentlicht wird. Als Gratis-Download im Internet - ganz independent, da ich endlich mal eine Veröffentlichung tätigen möchte, ohne mir über zig geschäftliche Dinge Sorge machen zu müssen. Es sind zwei brandneue Songs darauf, ein Überbleibsel aus den ´Pedestrians In The Sky´-Sessions und einige Remixe und Remakes, die jedoch nicht unbedingt typische Remixe sind. Es gibt sogar eine Latin-Version darauf! Ich verspreche somit schon mal eine sehr bunte Mischung und bin speziell auf die neuen Songs sehr stolz aber das ist immer so, wenn etwas frisch fertig ist. Es lohnt sich also, unsere Homepage www.transitpoetry.de im Blick zu behalten oder sich in unseren Newsletter einzutragen. Diese EP ist quasi das fünfte Element und wird daher auch The 5th Element heißen. Danach ist aber erstmal eine Pause angesagt, da ich mich nun vorerst auf andere Projekte konzentrieren möchte - wie lange diese sein wird, weiß ich nicht. Ich habe durchaus Lust, Transit Poetry fortzuführen, aber es ist auch alles eine Zeitfrage.

Otti:
Pedestrians In The Sky befasst sich mit dem Element "Luft", dem ihr euch auf zahlreichen verschiedenen Wegen nähert. Wenn Du nun dieses auf seine Essenz durchleuchten müsstest, was ist die Quintessenz der Luft? Und in welcher Wechselwirkung steht diese zu den drei anderen Elementen?

Sascha:
Diese Frage kann ich so nicht beantworten, da Luft als eines der vier Elemente doch bereits für sich eine Quintessenz ist, oder? Für mich ist Luft jenes Element, das am nahesten zur Welt des Geistigen und Feinstofflichen steht und somit als letztes Element, das den Raum öffnet, sehr schön passt. Ich muss aber dazu sagen, dass wir aus der Behandlung der vier Elemente kein Dogma gemacht haben. Sie durchdringen die Texte auf ihre Weise und nehmen auf dem jeweiligen Album zentrale Rollen ein - sind also ein Leitfaden - aber es gibt immer verschiedene Ebenen in den Texten, sodass auch andere Themen auftauchen. Was die Wechselwirkung angeht: nichts kann ohne das andere existieren und dennoch steht jedes Element für sich. Das ist bei unseren Alben ganz ähnlich. Sie können für sich stehen, bilden für mich aber dennoch eine höhere Einheit.

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Otti:
Wie ich vermute, habt ihr diese Wechselwirkung auch von vorne herein bei der Schöpfung aller Alben bedacht. Gibt es hier Querbezüge und Verbindungen, die sich auch in der Musik ausdrücken?

Sascha:
Ich hatte keinen Masterplan im Kopf, sondern habe mich einfach treiben lassen. Diese Alben sollten ja auch keine wissenschaftliche Abhandlung werden. Daher hat es sich automatisch ergeben, dass jedes der Elemente auch auf jedem Album einen kleinen Platz einnimmt - ähnlich wie Schwarz und Weiß im Yin-und-Yang-Prinzip. Auch musikalisch habe ich mich lieber von meiner Intuition führen lassen und die Musik gemacht, die zum jeweiligen Moment herauswollte, anstatt mich zu stark zu limitieren, wenn etwas auf den ersten Blick nicht zum jeweiligen Element passte. So ist unser Luft-Album keineswegs nur ätherisch, luftig und leicht, sondern hat auch einige eher schwere Songs, die sich mit Themen wie Stürmen oder dem Ersticken befassen. Ähnlich war es auch bei den anderen Alben, da ich nie zu plakativ vorgehen wollte.

Otti:
Es sind oft die kleinen Details, die den Charme von Musik ausmachen, wie zum Beispiel das "Schallplatten-Rauschen" bei Space Volcanoes. Besteht aber bei soviel Feinheit in den einzelnen Songs nicht auch die Gefahr, dass man sich zu sehr in Nichtigkeiten verliert?

Sascha:
Nein, gar nicht. Es gehört doch alles zusammen. Solche Kleinigkeiten machen einen Song interessant und sorgen dafür, dass man auch nach mehrmaligem Hören noch neue Details entdeckt. Das war mir wichtig als Gegenpol zu der großen Eingängigkeit vieler Songs, um dem Album eine hohe Halbwertszeit zu geben. Und man kann uns sicher nicht den Vorwurf machen, dass wir dabei das eigentliche Songwriting aus den Augen verloren hätten, denn das Hauptaugenmerk liegt bei TP immer auf schönen Melodien und catchy Hooklines.

Otti:
Generell fällt auf Pedestrians In The Sky die unheimliche Bandbreite der Musik auf, die von sanftem Electro bis hin zu hartem Rock eigentlich alles abdeckt und dennoch stets als Teil des Ganzen wirkt. Was war denn der musikalische gemeinsame Nenner, den ihr als Grundlage des eigenen Stils genommen habt?

Sascha:
Ich glaube der gemeinsame Nenner ist einfach, dass ich als Songwriter, Produzent und Sänger einen eigenen Stil entwickelt habe, der immer einen gewissen Wiedererkennungswert hat, egal mit welchen Instrumenten und Stilmitteln wir agieren. Ich folge keinen Dogmen und würde nie sagen, ein Transit-Poetry-Song müsse zwingend Gitarren, Elektronik und eine bestimmte Art des Gesangs oder sonstwelche Elemente haben, da am Ende doch immer wieder unvorhergesehene Dinge passieren, die dennoch passen und ein Album interessant machen. Die hohe Abwechslung geschieht übrigens ganz automatisch. Ich plane das ja nicht, sondern folge einfach meinen Eingebungen. Selbst wenn ich wollte, ich fürchte, ich könnte kein Album schreiben, auf dem jeder Song stilistisch genau gleich klingt. Aber glücklicherweise mag ich eh Alben am liebsten, auf denen jedes Stück einen eigenen Charakter hat und man nicht schon beim Opener weiß, wie der Rest klingen wird. Und ich behaupte mal, genau deswegen ist auch Pedestrians In The Sky trotz seiner Spielzeit um die 70 Minuten ein sehr kurzweiliges Album.

Otti:
Zur Single-Auskopplung Little Buddha gabs ja auch ein richtig schönes Video, wodurch der Song ein wenig zum aktuellen Aushängeschild von Transit Poetry geworden ist. Wenn ich Little Buddha richtig deute, geht es vor allem darum, dass man sich den schönen Dingen im Leben zuwenden soll, sein Herz öffnen. Ist es aber nicht genau die Fähigkeit hierzu, die in der modernen Welt den Menschen immer mehr abgeht?

Sascha:
Ein Aushängeschild ist es für mich nicht unbedingt, da das Stück schon extrem optimistisch und poppig ist und es bei Transit Poetry auch immer eine düstere Seite gibt. Aber ich denke, es ist einfach einer der schönsten Songs, die ich bislang geschrieben habe und hat extrem hohes Hitpotential, daher lag es einfach auf der Hand, ihn auszukoppeln - zumal es aufgrund des hohen Abwechslungsreichtums eh nicht DEN einen Song gibt, der Transit Poetry komplett repräsentiert. Was den Inhalt angeht: ich sehe den Text als Erinnerung an mich selbst, mich in Zeiten, in denen einen der Alltag und das Grau der Welt wieder einholt, zu besinnen und wieder auf das zu fokussieren, was wesentlich ist. Buddha sitzt einfach nur in einem schönen Garten und meditiert - und er ist glücklicher als die Menschen in unserer heutigen Welt mit all den bunt glitzernden Konsumgütern und Verführungen durch die Scheinwelt der Medien. Manchmal liegt die Antwort in der Einfachheit. Es geht um Reduzierung auf das Wesentliche - und ja, die Menschen in der modernen Welt haben vielfach den Schlüssel zu ihrem eigentlichen Sein verloren. Transit Poetry ist meine Art, ihn zu suchen und den Menschen vielleicht auch ein paar Anreize zu geben, dass es nicht da draußen, sondern tief in uns noch mehr gibt.

Otti:
Im September werdet ihr beim Greentunes Festival auftreten, einem Event rund um vegane und vegetarische Lebensweise. Auch sonst weiß ich, dass Du in diesem Bereich äußerst engagiert bist, wie bist Du denn eigentlich überhaupt dazu gekommen, deine Ernährung fleischlos zu gestalten?

Sascha:
Für mich gehört das einfach zu einer gewissen geistigen Reife dazu, dass man seine Ernährung und generell seine Lebensweise hinterfragt und sich nicht nach dem Motto verhält ´mir gehört der Welt und alle anderen Lebewesen sind nur dazu da, um mir und meiner Genussfreude zu dienen´, sondern dass man bewusst agiert und versucht, möglichst wenig Schaden anzurichten. Und ich betone das ´möglichst wenig´, denn jede Lebensweise geht immer irgendwie zu Lasten anderer Lebewesen. Auch mein Gemüse muss auf Feldern angebaut und über Straßen transportiert werden, für die Tiere ihren Lebensraum geopfert haben, um nur ein Beispiel von vielen zu nennen. Aber man kann das Leid zumindest in Grenzen halten. Ich bin seit meinem 13. oder 14. Lebensjahr Vegetarier. Damals waren es die schrecklichen Tiertransporte, die sich eingebrannt hatten und das sich langsam entwickelnde Wissen, dass mir Tiere in ihrer natürlichen und ´echten´ Art lieber sind als die Menschen mit all ihren Psychosen und Egoproblemen. Daher fällt es mir einfacher, Tiere zu lieben und ich finde, Freunde isst man nicht. :) Veganer bin ich seit fünf Jahren, weil mir irgendwann klar wurde, dass Vegetarismus nur ein erster Schritt ist, man durch Eier und Milchprodukte aber immer noch genau dieselbe Industrie unterstützt. Früher dachte ich immer, das wäre zwar sinnvoll, aber das wäre mir zu viel Verzicht. So denken viele Menschen. Aber als ich es ausprobiert habe, wusste ich, dass es eigentlich gar kein Verzicht, sondern nur ein Ersetzen ist. Man muss nur etwas kreativer sein - tut damit aber so viel für die Tiere, die Menschen in der 3. Welt, die Umwelt und natürlich auch für sich selbst, da es richtig betrieben auch viel gesünder ist.

Otti:
Während des sogenannten "EHEC-Skandals" gab es viele hämische Kommentare von Fleischessern, dass es ja auch endlich mal die Vegetarier träfe. Was würdest Du diesen Leuten gerne erwidern?

Sascha:
Generell zeugen solche Kommentare von Kleingeistigkeit. Ich finde das ziemlich kindisch, wenn sich Leute allen Ernstes freuen, dass es nun die Vegetarier trifft. Glücklicherweise habe ich solche Kommentare selbst nie gehört. Und man muss ja auch sagen, dass es jeden Menschen trifft, der sich ausgewogen ernährt! Mal davon abgesehen tappt die Wissenschaft doch immer noch im Dunkeln, was der Auslöser und Überträger war, oder? Ich bin da jetzt nicht im Detail informiert, aber meines Wissens ist das Thema immer noch nicht abschließend geklärt. Und wer sagt uns, dass der Erreger nicht doch aus den Därmen kranker, leidender Tiere in der Massentierhaltung stammt? Diese Theorie besteht ja auch. Ich habe jedenfalls auch in der EHEC-Zeit meinen Salat gegessen und mich nicht verrückt machen lassen, da ein starkes Immunsystem aufgrund einer gesunden Ernährung doch noch immer die beste Waffe ist. Naja, und es ist auch interessant zu sehen, dass das Ganze letztendlich auch ein großer Medienhype war. Ähnlich wie zuvor die Vogel- und die Schweinegrippe. Jetzt redet schon wieder niemand mehr von EHEC. Klar, gab es ein paar Fälle, aber die Anzahl war doch letzten Endes sehr gering im Vergleich zu anderen Krankheiten. Die Menschen in diesem Land sollten generell etwas lockerer werden und sich nicht ständig in Panik versetzen lassen.

Otti:
Wie mancher sicher weiß bist Du nicht nur bei Transit Poetry tätig, sondern hast mit Eden weint im Grab eben ein vollkommen andersartiges Musikprojekt geschaffen, welches aber nicht minder spannend ist. Wie unterscheidet sich denn die Arbeitsweise für dich bei beiden Bands, und was konntest Du jeweils für das andere Projekt aus der Kooperation mit unterschiedlichen Mitmusikern ziehen?

Sascha:
Also, die Songs für beide Bands entstehen im selben Studio und entstammen demselben Hirn, aber sie entspringen einer anderen Geisteshaltung. Das sind quasi ganz unterschiedliche Häuser, die von demselben Architekten konzipiert wurden, was aber nicht unbedingt auf Anhieb ersichtlich ist, weil die Stile sehr unterschiedlich sind. Beim Songwriting ist es tendenziell auch eher so, dass Transit-Poetry-Songs auf der Grundlage des Keyboards entstehen und EwiG-Stücke mit der Gitarre, aber auch da gibt es immer wieder Ausnahmen, z.B. habe ich ja mit Der Herbst des Einsamen auch schon ein EwiG-Album ganz ohne Gitarren gemacht. Für mich ist Transit Poetry so ein bisschen meine helle und EwiG meine dunkle Seite. Was die Mitmusiker angeht, EwiG hat eher noch einen Bandcharakter, zumindest mittlerweile, während mir TP häufig eher wie ein Soloprojekt vorkommt.


"Die Menschen in diesem Land sollten generell etwas lockerer werden und sich nicht ständig in Panik versetzen lassen."

Otti:
Generell hast Du dich sowohl musikalisch als auch als Autor eher außergewöhnlichen künstlerischen Wegen verschrieben, was definitiv lobenswert ist. Gleichzeitig birgt das Schaffen abseits des Mainstreams aber auch kaum kommerziellen Rückhalt. Inwieweit spielen denn für dich Gedanken zu Vermarktung und finanziellem Erfolg eine Rolle bei deiner Arbeit?

Sascha:
Schwieriges Thema. Ich finde eigentlich, Transit Poetry wäre - im Gegensatz zu EwiG - auch für den Mainstream durchaus interessant, aber wahrscheinlich bräuchten wir die Marketingpower eines großen Labels, um auch Leute außerhalb der Gothic-Szene zu erreichen. Doch wenngleich ich dies so sehe, heißt das nicht, dass ich beim Komponieren bewusst darauf achte, es einer breiten Masse recht zu machen. Die Songs werden ganz automatisch immer sehr eingängig und melodisch, weil dies für mich einfach essentielle Bestandteile meiner Musik sind und ich genau solche Songs auch selbst hören möchte. Über die Vermarktung und Promotion macht man sich meist erst Gedanken, wenn ein Album fertig ist. Kommerzvorwürfe an Musiker gibt es ja immer wieder. Und wenngleich ich davon glücklicherweise noch nicht betroffen war, muss ich doch jetzt mal eine Lanze für alle Musiker brechen, denn diese Vorwürfe sind oft ganz schön absurd und von Unwissen geprägt. Es ist doch vollkommen klar, dass fast jeder Musiker gerne mit seiner Musik Geld verdienen möchte - ganz einfach weil man dann mit dem, was man liebt, seinen Lebensunterhalt verdient und sich komplett darauf konzentrieren kann. Was ist daran verwerflich? Das heißt ja nicht, dass sich alle Künstler, die mit der Musik Geld verdienen, auch automatisch musikalisch anpassen und nur noch Grütze fabrizieren. Als gäbe es zwischen idealistischen Hobbymusikern und geldgeilen Kommerzhuren nichts anderes mehr. Wenn ein Musiker mehr Zeit hat und nicht mehr nebenbei arbeiten muss, sollte man doch vielmehr annehmen, dass die Songs davon profitieren. Die meisten Menschen wissen ja gar nicht, wie viel Arbeit es macht, ein Album zu produzieren - speziell wenn man wie ich alles im Alleingang macht und sich neben dem Songwriting, Recording, Produktion, Mix und Mastering auch um die Webseite, Management, Merchandising und Artworks kümmert. Ich mache das alles in meiner Freizeit. Während andere ihren Urlaub oder den Feierabend genießen, sitze ich in meinem Studio und gehe meinem Drang nach, kreativ zu sein. Daher käme es für mich einer großen Befreiung gleich, wenn ich mit der Musik genug Geld verdienen würde, um davon leben zu können und nicht ständig den Spagat zwischen Kunst und Arbeit schaffen zu müssen und ständig das Gefühl zu haben, nie genug Zeit zu haben. Aber nun gut, ich habe trotz der Tatsache, dass ich privat nie einen Cent verdient habe und jeder mickrige Euro direkt wieder in die Musik geflossen ist, 15 Jahre lang mit verschiedenen Bands immer wieder versucht, etwas aufzubauen und bin trotz zahlreicher Widrigkeiten stolz auf meinen persönlichen Backkatalog. Ich glaube, noch mehr Idealismus geht eigentlich nicht. :)

Otti:
Ich habe heute doch allen Ernstes eine "Umfrage" auf Facebook entdeckt, was man denn nun schlimmer fände, den Tod von Amy Winehouse oder die Anschläge in Norwegen. Ich frage dich jetzt mal ganz neutral: Was hältst Du davon?

Sascha:
Ich würde diese Umfrage einfach wegklicken, haha. Na, politisch korrekt wäre jetzt natürlich zu sagen, das Massaker in Norwegen und Amy sei schließlich selbst Schuld. Ich finde aber beide Ereignisse auf ihre Weise tragisch und möchte mich da gar nicht entscheiden. Letzten Endes zählt doch immer das Einzelschicksal und nicht die Menge der Einzelschicksale.

Otti:
Und zum Schluss nochmal etwas ganz anderes: Wie wolltest Du schon immer mal ein Interview abschließen?

Sascha:
Ich bin immer froh, wenn ich am Ende keine offenen Worte finde muss à la ´was möchtest du noch loswerden´, weil mir dann meistens doch nur das übliche Promogelabere einfällt, wie besucht mal unsere Webseite, ich würde mich freuen, wenn ihr mal in unsere Musik reinhört und natürlich herzlichen Dank für dieses Interview. Und das will ja keiner lesen. Daher wollte ich schon immer mal ein Interview ohne Schlussfrage abschließen, haha. Wobei, ein Novum hätte ich noch in petto: Ich mache es jetzt mal wie Peter Lustig früher im TV - der hat den Kids am Ende nämlich immer zum Abschalten geraten. Also, liebe Leser, macht jetzt mal euren dämlichen Computer aus, widmet euch der realen Welt und geht raus unter Menschen oder in die Natur. Da gibt es nämlich viel zu entdecken ...!

www.transitpoetry.de

Art des Interviews: Email
08/02/11 by Otti

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